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Reisetagebuch
15 February 2011
grausam
wenn das herz flieht, wie ein vogel erschrickt und davonfliegt, und sogleich ausser sicht gerrät, sich versteckt und stillhält, den atem anhält, dann schlägt es langsamer. dann wird es eng in der brust, frei fliegender atem ist unvorstellbar, plötzlich so unmöglich und fern, und der langsame herzschlag ist zu schwach, er kann die verschlossene brust nicht durchdringen, nicht singen, und in dieser stille werden grausamkeiten geboren.
ich kann ihre krankheit und hilflosigkeit nicht aushalten. wenn sie wieder und wieder die gleichen unsinnigkeiten ihrer verwirrung ausspricht, voller angst in den augen und verzweiflung, weil sie das alles nicht versteht, was sie da sagt, weil ihr verstand so dumpf und fern versunken ist, wie im halbschlaf worte, bilder, fetzen ohne zusammenhang durch ihren kopf rauschen, dabei den raum des verstandes gar nicht berühren, und doch so stark zu fühlen sind, so unverstanden löst dieses demente rauschen qual aus, panik und erschütterndes verlorensein.
ich kann es nicht aushalten, wenn mein herz sich zurückzieht, ich habe keine wärme mehr in ihre ausgestreckten hände zu geben, hilf mir, sagt sie und ich weiss, nimm nur ihre hand, das mildert und beruhigt schon fast alles für sie, aber anstelle ihr diesen rückhalt zu geben, frage ich, aber wie kann ich dir helfen, ich weiss auch nicht, was ich dazu sagen soll, und beginne logisch alles zu erklaeren, all ihre worte und bilder und fetzen aufzustellen wie als wären sie wirklich und sie verstandesmässig zu beurteilen, das und das sollte dich nicht beunruhigen, denn es ist eine längst vergangene erinnerung, das und das ist auch völlig unrelevant, weil... und ich weiss doch eigentlich, dass die logig gar keine linderung schafft, sie versteht sie ja nicht mehr, sie verwirrt nur noch mehr, hat harte konturen und kalte gesichter, aber mein herz ist geflohen und ich kann nicht mehr geben.