der sturm dauerte drei tage und nächte. jetzt kann ich wirklich sagen, ich bin ganz schön durch den wind. ich war darauf vorbereitet und mir auch bewusst, dass eine yurte in ihrer flexiblen bauart sehr stabil ist obwohl sie sich im sturm bewegt. trotzdem war ich drei tage und nächte innerlich sehr angespannt und beunruhigt, es ist eine tiefsitzende urangst, den kräften der natur ausgeliefert zu sein. und wenn der wind wie in wellen immer und immer von neuem von fern beginnend langsam anschwellend durch den wald angesaust kommt, lauter und lauter werdend, dann mit grossem getöse gegen die yurte stürmt, am tuch reisst, das holz knarren lässt und sogar an den bodenbrettern zieht, weil an denen das mittelrund des daches befestigt ist... ich konnte wirklich nicht viel anderes machen, um mich abzulenken, nur warten, irgendwie mit meiner angst, nervosität und sorge klarkommen.
jetzt ist der sturm vorbei, die natur ist wieder wunderbar friedlich und sanft, und ich erhole mich auch. es sind nur ein paar tage sturm, und zwei dreimal ein paar tage unter null grad mit ein bisschen puderschnee, ansonsten ist der winter hier mild und sonnig. unten im tal holen die menschen wintergemüse aus ihren gärten, es hängen noch jetzt im februar orangen und mandarinen an den bäumen und im sommer wachsen feigen, kiwis, avocados, granatäfpel und zitronen, oliven und esskastanien... ein paradies, nur gibt es ein wasserproblem. und wie in vielen orten der erde verschlimmert es sich seit ein paar jahren rapide. im frühling, sommer und herbst regnet es fast gar nicht und viele quellen und flüsschen trocknen aus. hier in la source, dem zuhause von kiet und sandra, meinen beiden freunden, die gerade für drei monate in vietnam sind und die die yurten gebaut haben, gibt es kein wasser, also sammeln sie regenwasser gefiltert in eine zisterne, aus der es dann zum wasserhahn in die yurte geleitet wird. trinkwasser fülle ich an einer quelle in viele container und bring diese mit dem auto hier hoch. man würde vielleicht denken, oh je wie umständlich, aber ich erlebe, wie gut es tut, wasser als kostbarkeit wahrzunehmen. es ist tatsächlich soviel befriedigender, mit wasser unendlich sparsam umzugehen, als es im überfluss zu gebrauchen. einfallsreichtum macht es möglich mit immer weniger und weniger wasser auszukommen. viele menschen hier haben trockentoiletten und ihre selbst angelegten wasseraufbereitungsanlagen für ihr nutzwasser. in teichen wird das wasser auf natürliche weise von pflanzen und mineralien gereinigt, indem es von einem teich langsam zu einem anderen fliesst. dieses bewusstsein für die ressourcen der natur ist so wichtig, nur ist es schwer in einer stadt lebend damit in kontakt zu sein. (meine liebe frendin miri sammelt das badewannenwasser ihrer beiden mädchen, um es später für die toilette als spühlwasser zu benutzen. ich hab darüber erst gelächelt, aber jetzt bewundere ich ihre bemühung. es ist wirklich unglaublich, wie viel wasser man einfach so gebraucht, ohne darüber nachzudenken... wo kommt es her, wohin geht es, was passier mit dem wasser bevor es wieder gebraucht wird...) auch holz ist hier eins der kostbaren dinge. zwar gibt es holz im überfluss; ein freund sagte, dass hier eher der wald im begriff ist die menschlichen räume zu erobern als umgekehrt, aber mit holz nicht verschwenderisch zu sein, spart die eigenen kräfte. holz wärmt mindestens zweimal, einmal es zu sägen, zu schleppen, zu stapeln, und ein zweites mal wenn es im ofen ist...
und ich liebe die einfachheit eines solchen lebens mit dem land; es ist reduziert auf das, was mir wichtig scheint. im still sein ist mehr zu hören, im weniger wollen ist mehr zu finden.
manchmal ist es so gut und manchmal auch nicht leicht, so ganz allein mit sich zu sein. die aussicht auf die berge um mich herum finde ich wiedergespiegelt auch im innern, berge und höhen, täler und abgründe. jedenfalls ist alles eine frage des state of mind... jedes kleinste detail dieser welt ist durch die innere verfassung auf diese oder jene weise erfahrbar...