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Reisetagebuch
16 March 2009
hitze und staub
indira nagar ist ein wohlständiger stadtteil lucknows. ein wohngebiet von breiten strassen durchzogen, das irgendwie wie eine von kindern zusammengesetzte spielstadt wirkt. die häuser sind alle ein oder zweistöckig und eins neben dem anderen sehr unterschiedlich, die architekten waren wahrscheinlich die bewohner selbst, die aus reiner lust am spiel und aus dem wunsch heraus zu beeindrucken alle formen und farben mischen und wild aufeinander stapeln. manchen häuser erinnern mich an bauklotzspielereien, sandburgen oder andere an hochzeitscremetorten. alle gebäude haben erst ein bisschen grün und dann mauern um sich und ein grosses eisernes tor vor sich mit schweren schlössern. zwischendrin gibt es plätze mit bäumen und einer oft der hitze nicht standhaltenden vertrockneteten wiese hier und da. kinder spielen dort am nachmittag am liebsten cricket.
da alles nicht so gedrängt, vollgestopft und überbevölkert ist, vergesse ich manchmal, dass ich in indien bin. nicht lange! um die ecke gebogen, nicht gleich erkannt, ich zu nahe herangekommen und plötzlich stürmt eine horde wildschweinkinder der wegrennenden und irritiert grunzenden mutter hinterher. manchmal erkenne ich beim langsam näherkommen in dem grauen staub neben der strasse eine genauso graue und staubige riesensau, die ausgestreckt auf ihrem fetten bauch liegt und friedlich schläft. die wildschweine als müllentsorger, das ist so indisch, so typisch.
in den kleinen nebenstrassen, fern der grossen laster und busse, ist es angenehm ruhig. hier schieben oft strassenverkäufer einen verkaufstisch auf vier rädern langsam die hausreihen entlang und rufen laut und in charakteristischem singsang, was sie da verkaufen. Aaaluuu!!! (Kartoffeln) Jayas kleiner sohn gyan, der noch fast keine worte formen kann aber doch den ganzen tag viel erzählt, verfällt, wann immer er die verkäufer schon von weitem hört, in einen ebensolchen singsang.
es wird jetzt heiss, mittags sind es über dreissig grad, es ist fast soweit, dass der wind die luft, die er auf die haut bläst, heisser werden lässt und eine brise keine kühlung mehr bringt. mit der hitze kommt der durst, ein schwindelgefühl und dreimal frische kurtas am tag.
ich gehe nur noch wenn es nötig ist weiter nach draussen als auf die schattige terasse vor unseren zimmern. zum markt nach budhnath gehe ich abends, zum schneider nehme ich eine rikshaw obwohl es nur ein paar minuten zu fuss ist. so spare ich mir eine kurta mehr zu waschen. die letzte zeit vor dem 17 tägigen retreat, das in ein paar tagen in den bergen sein wird, verbringe ich mit dem hin und her organisieren von zugtickets, flügen, jobsuche (was ich da finde, beeinflusst wiederum das flugticket), bewerbungen, telefonaten, rechnen und geldzählen (das ist eher wenig, was ich da jetzt finde)...
wir machen es wohl so: benoit fliegt in ein paar tagen nach bulgarien und fährt von dort mit unserem auto durch den wilden osten bis in die schweiz. dort lande ich drei wochen später, nach dem retreat in genf. wir haben eine verabredung in der schweiz für ein potenzielles zukunftsprojekt und dann wohnen wir wahrscheinlich erstmal in einer ausgebauten wohnscheune am genfer see, auf der französischen seite. im mai werde ich, wenn alles klappt, nach grossbritannien fliegen, um meine dann mehr als leeren hosentaschen hoffentlich ganz ganz voll zu füllen mit buntem papier (was das leben so viel einfacher machen kann).
ZWISCHENFRAGE AN DEN WERTEN LESER
ich würde gern einmal wissen, wer eigentlich diese texte hier liest. auch wenn dabei herauskommen sollte, es gibt ihn nicht, den lieben leser. schreib einfach eine kurze mail an ulrika(at)enolla.org
danke!