Reisetagebuch

28 June 2006

man hatte vor tausend dingen angst
vor schmerzen...
vor dem eigenen herzen,
man hatte angst vor dem schlaf,
angst vor dem erwachen
vor dem alleinsein...
vor dem tode -
namentlich vor ihm, dem tode.

aber all das waren nur masken
und verkleidungen.
in wirklichkeit gab es nur eins,
vor dem man angst hatte:
das sich -fallen -lassen...
den schritt in das ungewisse hinaus,
den kleinen schritt hinweg
über all die versicherungen, die es gab.

und wer sich einmal
ein einziges mal hingegeben hatte
nur einmal das große vertrauen geübt
und sich dem schicksal anvertraut hatte,
der war befreit.
er gehorchte nicht mehr den erdgesetzen
er war in den weltraum gefallen
und schwang im reigen der gestirne mit.

herman hesse


10:05:27 - ulrika -

21 June 2006

highway




13:19:30 - ulrika -

11 June 2006

retreat

nach der kanutour haben wir die letzten dinge organisiert fuer das retreat und sind dann wieder raus aus montreal zu einem weiteren schoenen naturplatz gefahren. ariane und jo hatten sich viele orte angeschaut, wo wir das retreat machen koennten und sind bei pfadfindercamps gelandet (benoit war auch ein scout), camps, die keinerlei profit machen wollen, die meist wilde natur, viel platz und ungestoertsein bieten koennen, wenn nicht gerade ein trupp kinder da ist, und streichhoelzer wasserfest macht...
und sie fanden lac vert (gruener see), ein camp wunderschoen zwischen zwei seen im wald gelegen, erbaut in den zwanziger jahren mit verschiedenen holzhaeusern, einer grossen kueche, und einer kapelle, die dann fuer eine woche eine meditationshalle wurde. diese kapelle war perfekt, nur ein grosser, sehr hoher raum, die architektur aussergewoehlich fuer eine kapelle, voll aus holz, fenster rundherum und eine riesige dreieckige wand aus fenstern durch die man hinunter zum see schauen kann.
24 leute kamen, um am retreat teilzunehmen, viele taten das zum ersten mal, da waren freunde von benoit aus montreal, oder menschen, die opendharma aus indien kennen, alte hasen, die schon x-mal schweigende retreats erlebt haben, und die meisten dieser menschen mit super interessanten lebenslaeufen.
einige kamen von ziemlich weit angereist, vom anderen ende canadas, hier in canada sind entfernungen irgendwie anders als in europa, andere kamen aus den staaten.
es war eine sehr schoene zeit und eine wunderbare aufgabe, alles lief sehr entspannt und geschmeidig ab. wir waren vier koeche, und wir hatten trotz viel arbeit (drei mahlzeiten taeglich fuer insgesamt 30 leute) eine froehliche und entspannte zeit. das ist fuer mich die grosse kunst - klar, konzentriert und ausgerichtet die dinge geschickt zu tun, kraefte dabei zu sparen, die dinge einfach zu tun, ausgeruht zu sein im tun, heiter und gelassen.
ich bin um fuenf aufgestanden um wach zu sein fuer die yogaclasse um sechs, dann ab in die kueche, mittagsschlaf und wieder kueche bis zum abend um sieben. die retreatants haben geschwiegen, in der halle gesessen und meist gelegen, walking meditation draussen, den teachings von jaya und gemma gelauscht und sie haben uns kleine liebeszettel geschrieben in denen sie uns fuer das absolut delicious food gedankt haben und mir fuer das yoga.
about the money: in der vorbereitung, der miete fuer den platz, dem essen und allem anderen waren die kosten insgesamt 5500 canadian dollars. das retreat war komplett auf spendenbasis, es gab keinen festgelegten preis, den irgendjemand der teilnehmen wollte, bezahlen musste. das war ein risiko, aber am ende haben wir mehr als tausend dollar zusaetzlich in der ausgaben-donationbox gehabt, 2000 dollar in der manager-box , und mindestens ebensoviel wenn nicht viel mehr fuer jaya und gemma in der teachers-box. wir konnten sogar dem scout-camp eine spende geben, was wir uns sehr gewuenscht haben. das experiment mit der vollen donation ist also vollauf geglueckt. das ist fuer uns das schoenste. das dana prinzip (dana heisst grosszuegigkeit) stark zu sehen. eben nicht das prinzip von -das krieg ich, wenn ich das bezahle-, sondern die chance fuer die teilnehmer, die eigene grosszuegigkeit zu entdecken und aus dem herzen heraus zu geben, weil da dankbarkeit ist, fuer das, was die organisatoren und lehrer gegeben haben, um all das moeglich zu machen.

wir hatten zwei tage zusaetzlich in dem camp geplant und auch fast alle sind laenger geblieben. alle menschen strahlten, lisa sagte: that was beyond...

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kuechencrew in action

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kochen

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jo

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benoit im office in der kueche


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meditationshalle

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halle von draussen

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der see

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noticeboard

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gebaeude des camps


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helens augen
12:31:56 - ulrika -

02 June 2006

kanu-camping

zwei tage nach meiner ankunft kommen auch jaya und gemma in montral an. wir packen unsere sachen fuer den kanu trip, den benoit, jonathan und ariane geplant haben. chris, ein freund, den ich von indien kenne, kommt aus toronto und dann gehts los in drei autos mit drei kanus auf dem dach - à la réserve faunique de la rouge-matawin -, zum naturpark des roten flusses matawin. quebec ist so voller wasser (canada hat den groessten suesswasservorrat der welt) und dieser fluss ist wirklich rot. frueher haben holzfaeller baeume geschlagen und den fluss hinunter getrieben mit langen stoecken, viel des holzes ist im fluss liegen geblieben und hat den fluss rot gefaebt. die farbe ist wie die von schwarzem tee.
jedenfalls kommen wir an einem grossen see an, steigen aus den autos und sind sofort attackiert von tausenden von black flies, kleinen schwarzen fliegen wie wir sie auch haben, nur diese hier beissen sich ein stueck haut ab und hinterlassen juckenden flecken. es war completly crazy. sie lieben besonders die stellen hinter den ohren, in aermeln und hosenbeinen hochzuklettern und augen anzufliegen. ein sehr wichtiges assesoir in canada sind nethats, kappen mit mosquitonetzen fuer den kopf. nur es war eben auch schwer und manchmal unmoeglich, diese aufzusetzen ohne zwanzig fliegen mit drin zu haben. wann immer wir also in den naechsten drei tagen am platz fuer den abend und die zelte ankamen, das allererste war es, feuer zu machen, bevor wir zelte aufbauten oder das essen zubereiteten. im rauch des feuer zu sitzen war besser als dieses netz um den kopf zu haben. gemma (sie ist auch imkerin) hatte erstaunlich wenig fliegen um sich herum (sie meinte, weil sie freundlich mit ihnen ist, sie nicht verscheucht, keine hektischen bewegungen macht), sie trug fast nie das netz, auch weil es einfach klaustrophobic ist. in quebec und ganz canada sind die fliegen und mosquitos richtige probleme. manchmal kann man nicht das haus verlassen. ariane und jo arbeiteten kurz vorher bei einer company, deren leute durch waelder und seenlandschaften streifen in der umgebung von staedten, die viel geld dafuer bezahlen, um in schluepfzeiten die larven aufzuspueren und zutoeten.
unser kanutrip war trotz der fliegen unglaublich schoen. die weite dieses landes ist berauschend, the sense of space. ich weiss nicht, wann ich das letzte mal wirklich draussen in der wildniss war. kein geraeusch der menschenwelt ist zu hoeren, nichtmal das rauschen eines highways ganz weit weg, keine flugzeuge, kein muell von anderen campern, keine anderen menschen, wir haben biber gesehen, rehe und fuechse, kaulquappen sind hier so gross wie haende. drei volle tage sind wir mit drei kanus flussabwaerts gepaddelt, es gab verschieden rapids, schnellfliessende stellen, zu ueberwinden, bis hin zu einer recht hohen schwierigkeitsstufe. einmal konnten wir nicht passieren, wir waeren hundertprozent gekentert und wir haben an leinen die kanus vom ufer und wasser aus durchgebracht. es war ein glueck, das wir vorher angehalten sind und ein stueck gelaufen sind um zu sehen, was da kommt.
ich sass vorn in einem kanu mit benoit, der leichtere sitzt immer vorn und ist auch der, der sehen muss, am wasserfluss und der oberflaeche, der stroemung erkennen, wie der untergrund beschaffen ist, entscheiden, wo wir am besten durchkommen koennen, das kanu lenken. vorallem rapid three, die vierte schwierigkeitsstufe (es gab auf der strecke livly water(lebendiges wasser), rapid 1, 2 und 3), ist sehr aufregend, es geht super schnell, man muss sehr schnell reagieren, entscheiden und man wird sehr nass. es war am anfang fuer mich schwer, ich hatte keine ahnung und konnte erstmal gar nichts machen, war einfach voellig unfaehig, aber schon am zweiten tag habe ich es verstanden, auch dass es normal ist steine zu rammen, stecken zu bleiben, aus dem kanu zu klettern, um es wieder flott zu bekommen. am ende eines rapids, wenn der fluss wieder ruhig dahinfloss, haben die ersten immer auf die folgenden gewartet, die laut jipiieh!!!rufend den fluss heruntergeschossen kamen. es war total schoen, auch unsere siebenkoepfige gruppe war sehr harmonisch. jaya und gemma haben es sehr geschaetzt, dass diese tour fuer sie organisiert wurde. und fuer uns war es schoen, die beiden einmal ausserhalb von retreats kennenzulernen.

am abend dann im zelt kurz vor dem einschlafen habe ich hinter meinen geschlosenen augen das wasser fliessen sehen, den fluss, wie ich ihn ganz nah vom kanu aus sehe, steine tauchten ploetzlich auf, das wasser, wie es die steine umfliest, die wellen, wellentaeler und berge, weisse spritzer...alle anderen sahen das gleiche kurz vorm einschlafen, ausser chris, er sah die schnellen chaotischen flugbewegungen der black flies.

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beim packen vorm haus

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benoit und ich unter den nethats

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black flies around jo

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gemma

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ariane und jo

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weite

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flowing

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fire and food

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stille

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klarheit

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der fluss und seine schnellen wasser

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schnelle stelle

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der himmel im wasser

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12:30:00 - ulrika -